Berlin, den 12. März 2020
Zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 15. März 2020 lädt die Kampagne „Death in Custody – Aufklärung von Tod in Gewahrsam jetzt!“ zur bundesweiten Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt nach Berlin-Moabit ein. Immer wieder sterben in Deutschland Schwarze und People of Color in Gewahrsam von Polizei und anderen staatlichen Institutionen. Eine der Hauptursachen ist institutioneller Rassismus. Allein zwischen 1990 und 2020 hat die Kampagne 138 Fälle in der BRD recherchiert (Stand Februar 2020). Eine umfassende Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Mai 2020 geplant. Einer der jüngeren Fälle ist Hussam Fadl, Geflüchteter aus dem Irak, der am 27.9.2016 bei einem Polizeieinsatz auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin von hinten erschossen wurde. Den Angaben der Berliner Polizei zufolge sei Hussam Fadl zum Zeitpunkt seines Todes mit einem Messer bewaffnet gewesen und seine Erschießung aus Notwehr erfolgt. Dieser Darstellung folgend stellte die Berliner Staatsanwaltschaft im Mai 2017 und die Generalstaatsanwaltschaft Berlin im September 2017 die Ermittlungen mit Verweis auf Notwehr und Nothilfe ein.
Die Kampagne „Death in Custody – Aufklärung von Tod in Gewahrsam jetzt!“ hat sich zum Black Lives Matter-Monat 2019 gegründet und ist ein Bündnis aus den Initiativen Kampagne gegen rassistische Polizeigewalt (KOP), Migrationsrat Berlin e.V., We are born free Community Radio, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V., Justizwatch, BDB e.V., Rote Hilfe Ortsgruppe Berlin, Bündnis gegen Rassismus (Berlin), Hände weg vom Wedding, Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, Each One Teach One e.V., ReachOut Berlin, Gefangenenen Gewerkschaft/Bundesweite Organisation Soligruppen Nürnberg und Berlin.
Die Todesfälle in der letzten Zeit – Hussam Fadl, Amad Ahmad, Matiullah Jabarkhil, Rooble Warsame, William Tonou-Mbobda, Aman A., Adel B. – legen nahe, dass Schwarze Menschen und People of Color in besonderem Maße davon betroffen sind, in staatlicher „Obhut“ ihr Leben zu verlieren oder durch die Polizei getötet zu werden. Der NSU-Komplex und auch viele andere Fälle rassistischer Ermordung und Gewalt – wie etwa die rassistischen Anschläge in Halle und Hanau – zeigen deutlich, dass zu der Möglichkeit über Jahre (unsanktioniert) rassistische Morde zu verüben, auch eine rassistische Gesellschaft gehört. Dazu gehört nicht nur ein großer Teil der schweigenden weißen-deutschen Dominanzgesellschaft, die Taten hinnimmt statt sich zu wehren und sich mit den Opfern und Angehörigen zu solidarisieren. Es ist auch die Politik, der Justiz- und Sicherheitsapparat, der Verfassungsschutz und Medien in diesem Land, die rechte und rassistische Gewalt dulden und mit ihren Ressourcen und ihrer rassistischen Hetze unterstützen. Ziel der Kampagne „Death in Custody“ ist es, rassistische Polizeigewalt und institutionellen Rassismus zu dokumentieren und zu skandalisieren.
Die Kampagne „Death in Custody“:
- recherchiert und dokumentiert wie häufig und kontinuierlich Menschen in Deutschland in Gewahrsam sterben
- vernetzt Gruppen, für die Tod in Gewahrsam ein Risiko darstellt, um ihren Widerstand zu stärken
- fordert von Staat und Justiz Aufklärung, Rechenschaft und die Etablierung von effektiven Schutzmechanismen, um Tod in Gewahrsam zu verhindern. In Gedenken an die Opfer und in Solidarität mit den Angehörigen fordert „Death in Custody“ außerdem die Stärkung der Rechte der Betroffenen und wirksame Konsequenzen gegen Rassismus auf allen gesellschaftlichen Ebenen
- erinnert durch eine Social Media-Kampagne und die Demonstration am 15. März an Menschen, die in Gewahrsam starben
Demonstration: Sonntag, 15. März 2020 | 14:00 | U-Turmstraße, Berlin-Moabit
Pressekontakt: Edwin Greve, Migrationsrat Berlin e.V., ed.greve {at} migrationsrat.de
Tel: +49 176 99114943 oder 030 61658755.